Zement- und Kalkwerke OTTERBEIN trauern um Seniorchefin Rosa Müller
Eine Unternehmer-Ära geht zu Ende
Zum Tod von Rosa Müller
Nur wenige Monate von ihrem 98. Geburtstag getrennt, ist die Unternehmerin Rosa Müller am 24. März 2020 verstorben. Mit ihr geht eine große Unternehmer-Ära der Zement- und Kalkwerke Otterbein in Großenlüder-Müs zu Ende.
Rosa Müller wurde am 25. Mai 1922 als Älteste von sechs Töchtern von Franziska und August Otterbein in Müs geboren. Nach wirtschaftlicher Grundausbildung und einem Volontariat in der Sparkasse Fulda erfolgte die Mitarbeit im elterlichen Betrieb, den „Kalkwerken Otterbein“. Mit kompletter Übernahme der Bereiche Fakturierung, Buchführung, Kasse und Lohn übernahm die damals erst 17-Jährige schon sehr früh eine wesentliche Verantwortung für das Familienunternehmen. Schon immer waren die Familienstrukturen von einem großen Zusammenhalt geprägt, denn neben Rosa waren auch die Geschwister Sophie, Anna und Paula im Betrieb tätig.
Nach der Heirat mit Josef Müller im Jahr 1952 entschied sich dieser, nicht in den elterlichen Betrieb nach Stadtallendorf zurückzukehren, sondern sein weiteres berufliches Engagement in Müs bei den Kalkwerken Otterbein einzubringen. Mit dieser Entscheidung begann die Unternehmensära des Ehepaares Rosa und Josef Müller. Neben dem Ausbau des Unternehmens wurden in den Folgejahren die Kinder Marita, Winfried, Birgitt und Ursula geboren. Beeindruckend und vollumfänglich hat Rosa Müller in den Folgejahren die Rolle als Geschäftsfrau und Mutter erfüllt. Als besondere Charakterstärke wurden gerade auch von den Mitarbeitern Stärke und Beherztheit hervorgehoben. Arbeitsteilung und bestes Einvernehmen herrschte beim Ehepaar Müller: Während Rosa Müller den Schwerpunkt auf den kaufmännischen Bereich legte, fokussierte sich der Ehemann mit großem Elan auf den Ausbau, die Mechanisierung und Rationalisierung des Betriebes.
Gemeinsam mit dem Einsatz von Schwiegervater August Otterbein, dem damaligen Betriebsleiter Anton Hasenau und vielen weiteren loyalen Mitarbeitern wuchs das Werk mit dem entsprechenden unternehmerischen Geschick und Weitsicht zu einer beachtlichen Größe in der deutschen Kalkindustrie. Nach Kriegsende baute das Ehepaar das Unternehmen Otterbein weiter aus, Rosa Müller wurde 1955 Mitgesellschafterin und 1973 Hauptgesellschafterin des Familienunternehmens. Der Erfolg des Unternehmens, das heute rund 120 Mitarbeiter zählt, ist der langjährigen, gemeinsamen Aufbauarbeit des Ehepaares, im Schulterschluss mit engagierten Mitarbeitern, zu verdanken.
Unter Federführung von Rosa und Josef Müller wurde aufgrund der hohen Nachfrage im Kalkgeschäft nach den Kriegsjahren im Jahr 1954 der zweite Humboldt-Kalkschachtofen gebaut. 1971 konnte mit der Erschließung des Industriegebietes Großenlüder der Werksbahnhof errichtet werden - Garant für die schnelle Belieferung von Düngekalk in ganz Deutschland. Gravierende Veränderungen im Rohstoff- und Marktbereich führten 1982, neben den bisherigen Produktbereichen Kalk und Mörtel, zu einer neuen Produktionsanlage für die Klinker- und Zementherstellung. Der Einstieg in die Zementproduktion brachte eine signifikante Änderung für das Familienunternehmen in Unternehmensgröße und Gesellschafterstruktur. Damit verbunden waren auch der Erhalt und die Schaffung vieler neuer Arbeitsplätze. Nach dem Tod von Josef Müller im Jahr 2002 verblieb die unternehmerische Verantwortung in den Händen von Rosa Müller und Sohn Winfried, der mittlerweile die Geschäftsführung innehatte. Ein besonderer Höhepunkt für die Seniorin war die Jubiläumsfeier zum 100jährigen und 125jährigen Bestehen des Unternehmens in den Jahren 1989 und 2014.
Mittlerweile wird das Unternehmen in fünfter Generation fortgeführt, bis zuletzt - bis in ihr 83. Dienstjahr hinein - ließ es sich die Seniorchefin Rosa Müller nicht nehmen, alljährlich den Jubilaren im Unternehmen für Treue und Zugehörigkeit zu danken.
Um Rosa Müller trauern viele Menschen, besonders die große Familie mit den vier Kindern und deren Familien, dazu zählen acht Enkel und eine Urenkelin. In ihrem Heimatort Müs war sie Unterstützerin zahlreicher sozialer und kirchlicher Einrichtungen und bei vielen Vereinen hat sie mit ihrer Mitgliedschaft und Förderung zum Wohle des gesamten Ortes beigetragen.
Das Unternehmen wird von ihrem Sohn Winfried Müller und ihrem Enkel Dr. Christian W. Müller weitergeführt.